Nach der Trauerfeier in den Billigsarg

Um nach eigenen Angaben sein Unternehmen zu retten, hat ein Bestatter aus Schwäbisch Hall vor Gericht eingeräumt, Verstorbene nach der Trauerfeier in Billigsärge umgebettet zu haben. Foto: dpa

Um nach eigenen Angaben sein Unternehmen zu retten, hat ein Bestatter aus Schwäbisch Hall vor Gericht eingeräumt, Verstorbene nach der Trauerfeier in Billigsärge umgebettet zu haben. Und damit die Hinterbliebenen um Zehntausende Euro geprellt.

Heilbronn - Trauerfeiern sind schwer. Für den letzten Abschied wünschen sich viele Angehörige einen schönen Sarg - und der ist teuer. Ob die Verstorbenen auch tatsächlich in diesem Sarg verbrannt werden, wissen ihre Familien meist nicht. Ein Bestatter aus Schwäbisch Hall hat das ausgenutzt.

Der 33-Jährige gestand am Montag vor dem Landgericht Heilbronn, Verstorbene nach der Trauerfeier in billigere Särge umgebettet zu haben. Den teureren Sarg habe er trotzdem abgerechnet und später wiederverwendet. „Ich wollte nur den Betrieb aufrechterhalten“, sagte er dem Richter. Sich selber bereichert habe er nicht.

Der Bestattungsbetrieb sei schon - bevor er eingestellt und 2010 alleinverantwortlicher Geschäftsführer wurde - in finanziellen Schwierigkeiten gewesen, erklärte der Angeklagte dem Gericht. Er habe viel Druck verspürt - vor allem von dem vorherigen Geschäftsführer und Besitzer. Dieser habe Firmengelder ausgegeben, er selbst „musste das Geld beschaffen“, so der Bestatter. Kaufmännisch habe er keine Ahnung.

Der teure Sarg wird bei der Trauerfeier gezeigt, danach kommt der Verstorbene in einen 100-Euro-Sarg für die Feuerbestattung. Das war nicht der einzige Trick des Angeklagten: Am Montag gestand er, Gräber für Urnen in Rechnung gestellt zu haben, die er gar nicht gekauft hat. Auch habe er Vorsorgeverträge für Bestattungen abgeschlossen, das Geld aber nicht in einem Treuhandkonto verwaltet, sondern auf das Firmenkonto getan. 102 Einzeltaten werden dem Angeklagten zur Last gelegt.

Insgesamt sollen Schäden in Höhe von knapp 180 000 Euro entstanden sein, so das Landgericht. Er habe sich aber immer „pietätvoll“ verhalten, verteidigte er sich. Vorwürfe von Zeugen, die in den kommenden Verhandlungstagen vor Gericht aussagen sollen, häufen sich aber: sie sprechen von Flüssigkeiten, die aus einem Sarg austreten seien und von fehlender Kühlung im Bestattungsunternehmen, so der Richter. Das bestritt der Bestatter.

Die Erklärung, der Angeklagte habe nur den Betrieb retten wollen, hat dem Richter nicht gereicht: Er sah dies als Vorwand. Der momentan arbeitslose Angeklagte hatte nach mehreren abgebrochenen Berufslehren ein Unternehmen gegründet, das laut Gericht unter anderem Auftritte von Stripperinnen und Gogo-Tänzerinnen organisierte - und wurde damals schon wegen Betruges verurteilt. Der Bestatter komme also nicht „wie die Jungfrau zum Kind“, sagte der Richter.

Veröffentlicht durch die Deutsche Presse-Agentur

Unter anderem zu sehen in den Stuttgarter Nachrichten

Previous
Previous

Blitzmarathon: Viele Fahrer rasen in die Radarfalle

Next
Next

Ramallah: 'Slumming' in Palestine