Frühlingsgefühle - Eine Stadt erfindet sich neu

In Baden-Baden fließt am Reiherbrunnen Thermalwasser. Nach zweijähriger Pause sind die Thermalbrunnen wieder in Betrieb genommen worden. Foto: dpa

Von Peter Zschunke und Gioia Forster, dpa

Reichlich Spott hat die Bäderstadt auf sich gezogen: Ein Kurort mit versiegten Quellen? Jetzt soll das Wasser wieder sprudeln. Und das Stadtoberhaupt sprudelt vor Ideen zur Zukunft von Baden-Baden.

Die Narzissen blühen, die Amseln singen und jetzt wird endlich auch das Wasser sprudeln: Rechtzeitig vor Ostern können nach Angaben des Betreibers Carasana in der neuen Woche wieder die Thermalbrunnen in Baden-Baden fließen – nach zweijähriger Pause soll es am Montag so weit sein. Frühlingsstimmung herrscht auch im Rathaus: Die Stadt der Bäder und der Kultur will sich neu erfinden.

Eine Stadt müsse immer bereit sein, sich zu wandeln, sagt die Baden-Badener Oberbürgermeistern Margret Mergen (CDU). Ohne Veränderung und stetige Erneuerung verliere sie ihre Lebendigkeit. "Was macht ein Denkmal zum Denkmal?" fragt sie im Gespräch und fügt hinzu: "Es ist nicht das Bewahren."

"Baden-Baden erfindet sich immer wieder neu", sagt Mergen daher und fasst mit wenigen Sätzen die Entwicklung der vergangenen Jahrhunderte zusammen: Das kleine Städtchen am Westrand des Schwarzwalds erlebte als Kurort einen glänzenden Aufschwung, wurde vor etwa 200 Jahren gar zur "Sommerhauptstadt Europas", wo sich die Mächtigen, Reichen und Schönen trafen. Mit dem Abschied der französischen Truppen entstand Platz für eine neue Wohnsiedlung, die Cité.

Baden-Baden soll "Smart City" werden

Mit Orten wie dem Festspielhaus, dem Opernhaus oder dem Museum Frieder Burda schwang sich Baden-Baden dann zu einem regionalen Kulturzentrum mit internationaler Ausstrahlung auf. "Das hat der Stadt in den letzten 10 bis 15 Jahren einen Schub gegeben", sagt die Oberbürgermeisterin, die 2014 auf den Chefsessel im Rathaus gewählt wurde, Baden-Baden aber schon vorher als die für Wirtschaft zuständige Bürgermeisterin von Karlsruhe im Blick hatte.

Das dort aktive CyberForum gibt nun Hilfestellung für das nächste große Vorhaben: Baden-Baden soll zur "Smart City" werden. "Wir werden Informationstechnik künftig auf vielfältige Weise für eine sinnvolle Unterstützung des Lebens in der Stadt einsetzen", erklärt Mergen. Dafür vereinbarte Baden-Baden kürzlich eine Zusammenarbeit mit ihrer italienischen Partnerstadt Moncalieri. Es geht um sparsameren Energieverbrauch, Apps für Mobilität und Verkehr sowie neue Wege für Information und Kommunikation mit den Bürgern.

Das Schlagwort einer "Smart City" (intelligente Stadt) geistert schon länger durch IT-Branche und Verwaltungen. Konzerne wie IBM versprechen sich davon neue Aufträge. In Baden-Württemberg gelten Stuttgart und Karlsruhe als Vorreiter des "Smart-City"-Trends.

Baden-Baden will nun die Chance nutzen, dass der Südwestrundfunk (SWR) ein neues integriertes Medienzentrum bauen will, womit bisher vom SWR genutzte Flächen für die Wohnbebauung frei werden. Dort soll dann von Anfang an nach Vorgaben einer "Smart-City" geplant werden: "Technik erlaubt auch Sprünge in der Stadtentwicklung", sagt Mergen.

Baden-Baden ist als Badestadt Europas bekannt

Solche Initiativen, aber auch das vielfältige zeitgenössische Kunstprogramm sollen dem Image der Stadt entgegenwirken, ein etwas verschlafenes Rentnerparadies zu sein. Dabei sieht Mergen in der alternden Bevölkerungsstruktur auch Chancen: "Wir sind da anderen Städten 15 Jahre voraus und können Formate ausprobieren, die für andere hilfreich werden können."

Das Thermalwasser bleibt, wie es seit der Römerzeit gewesen ist. Allerdings haben es Bestimmungen des Arzneimittelrechts jetzt erforderlich gemacht, den natürlichen Arsen-Gehalt des Wassers zu reduzieren. Nur so kann es weiter als Heilwasser deklariert werden. Daneben werde es aber auch ungefiltertes "Baden-Badener Urquell" geben, schmunzelt Mergens Sprecher Roland Seiter.

Die Stilllegung der Brunnen habe der Attraktivität der Stadt nicht geschadet, sagt Tourismus-Chefin Brigitte Goertz-Meissner. Die Bäder seien ja nach wie vor offen gewesen. Dennoch sei zu spüren gewesen, dass Gäste unzufrieden gewesen seien. "Es ist gut, wenn es jetzt wieder sprudelt", sagt Goertz-Meissner. Das Trinkwasser sei schließlich ein wichtiger Bestandteil des Kurorts, und besonders im Ausland sei Baden-Baden als Badestadt Europas bekannt.

Die Kundschaft aber wandelt sich. Laut Goertz-Meissner kamen im vergangenen Jahr knapp 40 Prozent der Gäste aus dem Ausland. Dabei wachse der Anteil der arabischen Besucher, etwa aus Saudi Arabien oder Libyen, in den letzten Jahren stark. Vor allem in den heißen Sommermonaten steigen die Besucherzahlen aus Ländern im Nahen Osten. Arabische Gäste schätzten Baden-Baden wegen der Sicherheit, der Exklusivität und des vielen Grüns, sagt die Tourismus-Managerin.

Die Oberbürgermeisterin versucht, wenigstens in der Mittagspause etwas vom Baden-Badener Frühling zu erhaschen. Viel Zeit habe sie aber nicht dafür, sagt sie: "Ich stehe auch vor der Frage: Was ist das nächste Kapitel der Stadt?"

Veröffentlicht von der Deutschen Presse-Agentur

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